Fachwerk sanieren – Ausfachungen
„Da kommt die Wand raus, Markus!“ Mein bester Freund hat vor einiger Zeit ein Fachwerkhaus geerbt. Erst war er begeistert und hat sich – motiviert wie Obelix beim Hinkelsteinsammeln – an die Sanierung gemacht.
Mittlerweile hat er Kopf- und Bauchschmerzen. Die Vorbesitzer waren ebenso motiviert, das Haus zu „modernisieren“. Da wurde beispielsweise außen mit Styropor gedämmt und dann mit Zementspachtel verputzt – Fachwerk geschützt und eine moderne Fassade – Win-win, oder?
Im Gegenteil! Nach dem letzten Blogeintrag, in dem ich die Grundregeln im Umgang mit Fachwerk erklärt habe, weißt du auch, warum. Die Fassade kam also als Erstes runter. Nach ängstlichem Bangen dann die Entwarnung vom Zimmermann: Die Balken hatten Glück, die sind in Ordnung.
Puh... Die Ausfachungen haben allerdings ordentlich gelitten. Der Lehmbewurf fällt an einigen Stellen raus und an anderen Stellen ist der Putz abgeplatzt. Also haben wir die Ärmel hochgekrempelt und uns an die Sanierung der Gefache gemacht. Worauf wir dabei geachtet haben und wie wir vorgegangen sind, erkläre ich dir jetzt. Vollgas!
Inhalt
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Gefache füllen – Aber womit?
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Stakung
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Lehmsteine
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Ziegelsteine
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Naturstein
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Andere Materialien
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Gefache sanieren – Auf einen Blick
Gefache füllen – Aber womit?
Damit wir uns einig sind, wovon wir sprechen: Gefache sind die Zwischenräume zwischen den Pfosten und den Riegeln. Befindet sich darin Material, spricht man von Ausfachungen. Wichtig: Die Ausfachungen spielen normalerweise keine statische Rolle, das macht die Holzkonstruktion.
So weit, so gut. Wie wählst du jetzt also das Material für die Ausfachungen? Indem du dich an den Grundregeln orientierst, die für Fachwerk gelten (haben wir in diesem Blogeintrag besprochen):
- diffusionsoffen: Das Fachwerk muss „atmen“ können.
- wetterfest: Die Ausfachungen müssen Wind und Regen aushalten.
- balkenbündig: Die Ausfachungen dürfen nicht über die Balken überstehen, ansonsten kann Wasser eindringen.
Um Ausfachungen zu erneuern, gibt es verschiedene Materialien, die geeignet sind: eine Stakung mit Lehmbewurf, Lehmsteine, Ziegelsteine und Naturstein.
Die Zwischenräume heißen „Gefache“. Sind sie gefüllt, nennt man sie „Ausfachungen“.
Stakung
Viele Gefache wurden früher mit Stakungen gefüllt, weil dafür kein Maurer gebraucht wurde und man die Materialien quasi im Garten hatte.
Dafür werden die horizontalen Balken (Riegel) mit Nuten versehen, in die dann Staken (schmale Eichenbrettchen) eingeklemmt werden. Um die Staken werden dann Ruten aus Weichholz (Haselnuss oder Weide) geflochten. Das sieht dann aus, als hätte man einen alten Korb zwischen das Holz geflochten.
Diese Konstruktion ist bei den beschädigten Ausfachungen meines Freundes auch zum Vorschein gekommen. Darauf ist Strohlehm aufgebracht, der zum Teil herausgebröckelt ist. Wir haben als Erstes den losen Lehmstaub abgekehrt und alte Putzreste entfernt.
Das Tolle an Lehm ist, dass man ihn nur nass zu machen braucht, damit er seine Bindefähigkeit wieder erhält. Das heißt: nach dem Säubern der Ausfachungen, alten Lehm mit Wasser ansprühen und neuen Lehm aufbringen.
Lehmsteine
Wer keine Lust darauf hat, die Stakungen neu mit Lehm zu bewerfen, kann das Fachwerk auch ausmauern. Dazu müssen die Stakungen erst entfernt werden. Danach werden an die Pfosten (vertikale Balken) Dreiecksleisten angebracht. Diese Dreiecksleisten gleichen das Schwinden der Balken aus (zur Erinnerung: Fachwerk „lebt“).
Anschließend werden die Lehmsteine wie bei der Betonbauweise in die Gefache gemauert. Um Lehmsteine zuzuschneiden, eignet sich eine Porenbetonsäge. Als Mörtel solltest du Lehmmörtel oder reinen Weißkalkmörtel (MG I) (hier vorher die Steine gut vornässen) benutzen.
Ganz wichtig bei Lehmsteinen: Lehm ist nicht nässebeständig. Gefache, die mit Lehm ausgemauert werden, müssen später verputzt werden. Daran musst du denken, denn du musst die spätere Dicke des Außenputzes von der Tiefe des Gefaches abziehen.
Sind die Lehmsteine nämlich zu breit, wird die Ausfachung am Ende überstehen. Außenputz muss aber balkenbündig sein. Sonst steht das Wasser nach dem nächsten Regen auf den Ausfachungen und wir haben wieder das alte Problem: feuchte Balken.
Ziegelsteine
Wenn du dein Fachwerk mit Ziegelsteinen ausmauern möchtest, dann nimm am besten Vollziegelsteine. Wenn sie Hohlräume haben, kann die Feuchtigkeit weder raus noch rein.
Ansonsten funktioniert das Ausmauern mit Ziegelsteinen genauso wie mit Lehmsteinen. Im Gegensatz zu Lehmsteinen müssen Ziegel aber nicht verputzt werden. Du kannst es natürlich trotzdem machen, wenn du willst. Das ist wie die Diskussion um Apple oder Windows.
Wenn du dich dafür entscheidest, die Steine sichtbar zu lassen, dann müssen sie balkenbündig sein. Am besten nimmst du einen Weißkalkmörtel zum Vermauern.
Natursteine
In manche Gegenden wurden Gefache mit Naturstein ausgemauert. Hierfür sind quaderförmige Natursteine das Mittel der Wahl. Die kannst du wie Ziegelsteine oder Lehmsteine mit Weißkalkmörtel oder Historischem Mauermörtel vermauern.
Für Natursteine brauchst du allerdings keine Dreiecksleisten an die Fachwerkbalken zu nageln. Auch hier gilt: Wenn man die Natursteine außen sehen soll, bitte balkenbündig einmauern. Wenn nicht, Platz für den Außenputz lassen.
Andere Materialien
Soweit alles klar? Okay! Was ist aber jetzt mit anderen Stoffen, für das Fachwerk? Könnte man nicht auch Dämm-Material in die Gefache packen, dann schlägt man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe?
Leider nein. Denn mit solchen Volldämmstoffen verlegt sich der Taupunkt (also der Punkt an dem die Luft zu 100 % mit Feuchtigkeit gesättigt ist) in die Gefache. Wird es dann kalt, kondensiert das Wasser und die Balken werden nass.
Was ist mit Porenbeton? Da ist man sich tatsächlich nicht so ganz einig. Die einen sagen Porenbeton wäre sehr gut, denn er dämmt und ist gleichzeitig diffusionsoffen (Flassenberg, 2000). Andererseits ist Porenbeton starr und geht nicht mit, wenn das Fachwerk arbeitet. Dadurch können Risse entstehen, durch die wiederum Feuchtigkeit eintreten kann (Alker, 2007).
Gefache sanieren – Auf einen Blick
Wie du festgestellt hast, geht es immer um das alte Lied: Das Fachwerk muss atmen können und mag keine Feuchtigkeit. Nach diesem Blogeintrag weißt du jetzt allerdings, welche Materialien du für die Sanierung deiner Gefache nutzen kannst.
Gefache kann man mit verschiedenen Materialien ausfüllen.
Bei Fachwerk, das verputzt werden soll:
- Eine Stakung aus Weichholz, die mit Lehm gefüllt wird
- Lehmsteine
Bei Sichtfachwerk, das nicht verputzt werden soll:
- Natursteine
- Ziegelsteine.
Volldämmstoffe, Bauschaum, Zement, Silikon, Gittersteine, Lochsteine oder harte Klinker sollten auf keinen Fall als Füllmaterial für Gefache genutzt werden, denn sie verhindern den Feuchtigkeitsaustausch und begünstigen so das Faulen der Fachwerkbalken.
Wenn du dir unsicher bist, dann sieh dich in deiner Gegend um, was dort die ursprüngliche Füllung in den Fachwerkhäusern ist. Denn manchmal gilt: „Was altbewährt, wird endlich gut.“
Quellen
- Alker, Christian (2007): Fachwerksanierung „Ausfachungen“. Unter: https://www.fh-muenster.de/bau/downloads/personen/muero/intern/bau/3.2_Fachwerksanierung__Gefache_.pdf (abgerufen am 15.09.2021).
- Claytec GmbH & Co. KG: Fachwerksanierung Lehmstein-Mauerwerk und Außenputz Gefachreparatur und Außenputz Stakendecken. Unter: https://www.claytec.de/Arbeitsbl%C3%A4tter/3_Arbeitsblatt-Fachwerksanierung/Arbeitsblatt_Fachwerksanierung.pdf (abgerufen am 09.09.2021).
- Flassenberg, G., Künzel, H. & Schramm, R. (2000): AUSMAUERUNG VON HOLZFACHWERK. In: Bundesverband Porenbeton (Hrsg.): Porenbeton Bericht 9. Wiesbaden-Nordenstadt: Druck- und Verlagshaus Chmielorz GmbH.
- Lenze, Wolfgang (2016): Fachwerkhäuser: restaurieren – sanieren – modernisieren. (10., erweiterte Auflage). Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag.
- Strehle, Uwe (2015): Gefache dauerhaft sanieren: Die Wahl der richtigen Materialien bestimmt das Ergebnis einer Fachwerksanierung. Unter: https://www.bauhandwerk.de/artikel/bhw_Gefache_dauerhaft_sanieren_2306390.html (abgerufen am 09.09.2021).